
Berufseinstieg als Opernsänger*in: Realistische Schritte
1. **Frühzeitige Karrierestrategie entwickeln** Der Einstieg in den Beruf als Sänger*in beginnt nicht nach dem Studium, sondern schon während des Studiums. Wer sich darauf verlässt, dass der Beruf automatisch eintritt, wenn das Diplom in der Hand ist, könnte enttäuscht werden. Es ist entscheidend, sich bereits im Studium zu fragen: „Wie gehe ich den ersten Schritt auf die Bühne, wie baue ich mein Netzwerk auf?“ Man muss die eigene Karriere aktiv planen, nicht nur die Technik und das Repertoire erlernen.
2. **Marktkenntnis: Wer ist wer in der Branche?** Wer als Künstler*in erfolgreich sein möchte, muss den Markt verstehen. Welche Opernhäuser suchen Solist*innen und Chorist*innen? Welche Agenturen vertreten welche Künstler*innen? Welche weiteren Auftrittsmöglichkeiten gibt es? Informationen zu solchen Themen sollten schon im Studium gesammelt werden. Dazu gehört es, aktuelle Sänger*innen und die führenden Personen der Branche zu kennen und Kontakte zu pflegen. Dies sollte Teil des eigenen beruflichen Bewusstseins werden, um gezielt Bewerbungen vorzubereiten und Vorsingen zu planen.
3. **Proaktive Bewerbung und Netzwerken** Der Weg zur Opernbühne oder zu freiberuflichen Engagements führt nicht über passives Warten. Bewerbungen bei Agenturen, Theatern und Opernfestivals sowie das Absolvieren von Masterclasses sind essenziell. Viele angehende Sänger*innen unterschätzen, wie wichtig es ist, diese ersten Schritte aktiv und frühzeitig zu gehen. Wenn man noch nicht von Agenturen vertreten wird, sollte man nicht zögern, diese zu kontaktieren. Recherchieren Sie, welche Agenturen zu Ihrer sängerischen Kategorie passen und welche Anforderungen sie stellen. Bei Vorsingen muss man selbstbewusst und authentisch auftreten, denn dort entscheidet sich, ob die eigene Stimme und Persönlichkeit als passend für die Rolle wahrgenommen werden.
4. **Vielfältige Auftrittsmöglichkeiten nutzen** Der Start in eine Karriere muss nicht unbedingt mit einem großen Opernvertrag beginnen. Es gibt viele andere wertvolle Auftrittsmöglichkeiten, die sowohl für das eigene Portfolio als auch für die Entwicklung der sängerischen Präsenz wichtig sind: Kirchenkonzerte, kleinere Liederabende, Auftritte in Ensembles oder als Solist*in bei Festivals. Solche Gelegenheiten verschaffen nicht nur Bühnenpräsenz, sondern erweitern auch das Netzwerk und die eigene Sichtbarkeit.
5. **Eigeninitiative und kreative Projekte** Viele freiberufliche Künstler*innen entwickeln ihre eigene Initiative. Dies kann durch die Teilnahme an ungewöhnlichen oder künstlerisch besonders herausfordernden Projekten geschehen, oder auch durch die eigene Projektorganisation, etwa durch die Durchführung von Konzerten, das Ausprobieren neuer Formate oder die Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen aus unterschiedlichen Bereichen. Das Verlassen traditioneller Wege kann neue Türen öffnen und neue Publikumsschichten ansprechen.
6. **Unterricht und Weiterbildung** Es ist wichtig, sich nicht nur auf die Bühnenauftritte zu konzentrieren, sondern auch alternative berufliche Wege zu erkunden. Der Unterricht kann eine wertvolle Einnahmequelle sein, aber auch eine Möglichkeit, die eigene Expertise zu erweitern und sich als Künstler*in weiterzuentwickeln. Viele erfolgreiche Sänger*innen unterrichten neben ihrer Bühnenkarriere, was nicht nur finanziell sinnvoll ist, sondern auch die eigene künstlerische Praxis reflektiert und vertieft.
7. **Mentor*innen und die Bedeutung von Anleitung** Ein guter Mentor sollte mehr tun, als nur Ihre Technik zu verbessern – er oder sie sollte Ihnen auch helfen, Ihre Karriere zu gestalten und Ihre Stärken zu erkennen. Ihre Mentor*innen sollten Sie dazu anregen, über Ihre Alleinstellungsmerkmale nachzudenken und diese weiterzuentwickeln.
8. **Selbstpräsentation in der digitalen Welt** In der heutigen Zeit ist eine starke Online-Präsenz unverzichtbar. Plattformen wie Instagram, YouTube, TikTok oder auch LinkedIn bieten Möglichkeiten, sich als Künstler*in zu präsentieren und eine Fanbase aufzubauen. Ihre Präsenz dort sollte authentisch und professionell zugleich sein, damit Sie nicht nur von anderen Künstler*innen und Agenturen wahrgenommen werden, sondern auch ein direktes Publikum ansprechen können.
9. **Realismus und Resilienz im Musikbusiness** Die Musik- und Theaterbranche ist hart umkämpft und oft von kurzfristigen Verträgen und schnellen Wechseln geprägt. Eine langjährige Karriere erfordert nicht nur Talent, sondern auch eine hohe Resilienz, Selbstorganisation und die Bereitschaft, sich ständig weiterzuentwickeln. Dies bedeutet auch, sich bewusst mit den schwierigen Aspekten der Branche auseinanderzusetzen – wie etwa mit Age-Shaming, Machtgefällen, Geringbezahlung und der Unbeständigkeit von Engagements. Hier hilft es, sich ein starkes Support-Netzwerk aus Agenturen, Kolleg*innen und Organisationen aufzubauen.
10. **Karriereplanung: Plan B und darüber hinaus** Jede/r Künstler*in sollte einen Plan B haben, der nicht nur eine "Notlösung" darstellt, sondern einen alternativen Karriereweg eröffnet, den man auch leidenschaftlich verfolgen möchte. Dies könnte zum Beispiel eine eigene Gesangsschule, die Arbeit als Coach oder eine Karriere im Bereich Musikmanagement oder -vermittlung sein. Wer seine Karriere diversifiziert und sich nicht ausschließlich auf einen Weg fixiert, erhöht die Chancen, langfristig erfolgreich zu sein.