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Studium geschafft und abgeschlossen. Wie bekomme ich nun eine Stelle als Opernsänger*in an einem Theater oder Aufträge als freischaffende/r Sänger*in? Es ist fast zu spät. Diese Frage hätten Sie im Studium stellen sollen, und zwar im ersten Semester. Kennen Sie den aktuellen Markt, die Solist*innen und Freischaffenden? Haben Sie Agenturen angeschrieben und Vorsingen absolviert? Was hat man Ihnen dort gesagt? Werden Sie von Agenturen vertreten? Wenn nicht, haben Sie selbst Bewerbungen bei Theatern und Opernfestspielen, bei Berufschören und Kantoreien unternommen? Singen Sie bereits viele Kirchen-Konzerte oder Liederabende, in Ensembles und guten Chören? Nehmen Sie an ausgefallenen künstlerischen Projekten teil oder entwerfen Sie sie sogar selbst? besondere Formate? Unterrichten Sie? 

Mit solchen Fragen bzw. Aussagen sehe ich oftmals Absolvent*innen konfrontiert, die von einem gewissen Automatismus des Karrierewegs ausgehen und dann aus allen Wolken fallen, wenn der Traum der Ideale platzt. Leider wird sich Ideales nur in den seltensten Fällen ergeben. Sie müssen vom ersten Moment der professionellen Ausbildung an wahrgenommen werden. Dies sollte realistisch mit dem aktuellen Stand Ihrer sängerischen Verfassung und Ihres künstlerischen Könnens korrelieren, damit Sie sich adäquat und authentisch präsentieren können. In Ihnen schlummert mehr Potenzial als eine gute Stimme. Sie sind groß, klein, kräftig, muskulös, drahtig oder schlank? Völlig egal!!! Entscheidend ist Ihre Haltung zu sich selbst als künstlerische Person und Ihre Wirkung nach Außen. Überzeugen Sie, unterhalten Sie, teilen Sie Besonderes, Großartiges und Tragisches mit Ihren Zuhörer*innen. Sie brauchen Alleinstellungsmerkmale, die außer Ihnen niemand hat. Damit Sie diese entwickeln können, sind Ihnen Mentor*innen an die Hand gegeben, die sich bemühen, genau diese Merkmale bei Ihnen zu entdecken und auf den Weg zu bringen. Tun Ihre Mentor*innen das nicht? Vielleicht sind es nicht die passenden für Sie. Ist in den Unterrichten von Ihnen die Rede oder von der Karriere Ihrer Mentor*innen? Seien Sie aufmerksam; Sie werden die Karrieren Ihrer Mentor*innen nicht kopieren können und nur teilweise von deren Netzwerken profitieren. Letztlich geht es allein um Sie. 

Dort, wo die meisten von Ihnen täglich stundenlang unterwegs sind, in social media, sollten Sie vertreten sein und auffällig wahrgenommen werden. Zeigen Sie sich also, denn Sie sind de facto leider künstlerische Austausch-Ware auf dem schnelllebigen Musik-Markt. Diese Ware muss angepriesen werden, sonst wird sie nicht gesehen und nicht gekauft. Viele professionelle Veranstalter:innen haben immer noch nicht begriffen, dass eine Konzert- oder Opernbühne kein Fitnessstudio ist. Trotz MeToo und endlich ins rollen kommender Fairness-Bewegungen sind Sexismus, Body- und Age-shaming geblieben. Mit 40 Jahren gelten Sie im Beruf als alt, mit Bauch und Falten können Sie noch so gut singen, meistens sind Sie damit raus. 

Kann eine Hochschule die Berufsvermittlung übernehmen? Nein. Sie ist Ausbildungsstätte mit künstlerischen Studiengängen und kein Vermittlungsbetrieb für künstlerische Werdegänge. Sowas müssen Sie selbst leisten oder für sich tun lassen. Hier sollten Sie täglich Zeit aufwenden, neben all dem vielen unerlässlichen Üben, Proben und Fortbilden. So erhöhen Sie ihre Chancen um ein Vielfaches. Haben Sie einen Plan B für Ihren Lebensweg, der kein Notfallplan ist, sondern den Sie gerne umsetzen möchten? Tun Sie es jetzt!

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